Ein Bild der Verwüstung
Unwetter in der Valsugana
Am Mittwoch, den 24. September 1924 abends bricht ein schweres Unwetter über die Valsugana herein, bei dem Häuser und Brücken, Straßen und Wasserleitungen beschädigt und zerstört werden. In einer Reportage zeichnet die Tageszeitung „Il Nuovo Trentino“ einige Tage später, in ihrer Ausgabe vom 28. September, ein Bild der Verwüstung:
„Als wir uns mit dem Wagen in der Nähe von Novaledo befinden, beobachten wir aus der Ferne, in Richtung Barco, eine ganze Reihe breiter, weißer Schrammen entlang des Berges, der zum Sella-Tal ansteigt. Zwischen diesen Schrammen stechen große weißliche Flecken hervor, auch der Talgrund ist ganz weiß: Abbrüche von Kies, Steinen und Geröll. […]
Nach Novaledo, in Richtung Marter bei Brustolari, wird uns der Ort gezeigt, an dem es am Abend des Unwetters beinahe zu einem Eisenbahnunglück gekommen wäre. Der Zug, der um 19:45 Uhr von Trient abfahren sollte, hätte, wenn er nicht glücklicherweise rechtzeitig gestoppt worden wäre, eine zerstörte Strecke vorgefunden und wäre dann möglicherweise ins Nichts entgleist. Es tut uns leid, hier nicht den Namen des bescheidenen, heldenhaften Retters so vieler Menschen nennen zu können, um ihm eine öffentliche Anerkennung zuteilwerden zu lassen. Wir hoffen, dass die Behörden auf ihn nicht vergessen. […]
Hier stehen wir an einem weiteren zerstörten Haus. Die Fassade liegt völlig in Trümmern oder, vielmehr, sie existiert gar nicht mehr. Auch drei Viertel der Seitenmauern sind zerstört. Die bergseitige Hausmauer dagegen ist nahezu intakt geblieben. Daran lehnt eine hölzerne Außenstiege, auf einer der Treppenstufe liegt noch ein Teller mit den Resten des Hundefressens. Innen: ein Haufen Trümmer. Doch direkt neben dieser einst ruhigen Behausung wuchert die Vegetation in voller Pracht: ein dichter Bewuchs riesiger Bohnenpflanzen mit prallen Schoten und Maispflanzen mit wohlgeformten Kolben, am Boden die gräulichen Ranken der Kürbisse, mit ihren schönen großen grünen Blättern und prächtigen gelben Blüten. […]
Wir steigen hinauf in die Ortschaft Strigno. Die Schotterung aller Straßen ist zerwühlt, der Belag buchstäblich zerstört. Die Hauptstraße, unter der die Trinkwasserleitung verlief, ist aufgerissen. Ein Haus auf der linken Seite, am höchsten Punkt der Straße, weist unter den teilweise verschwundenen Fundamenten Hohlräume auf, die abgestützt werden mussten. […]
Wir drehen um und gehen hinunter zur Pfarrkirche. Der Treppenzugang ist, man könnte sagen, komplett von einem tiefen Graben umgeben, den das Wasser ausgeschwänzt hat. Wir haben bereits von den Bemühungen des Erzpriesters berichtet, die Kirche vor einer Überflutung durch das Wasser und das vom Unwetter eingebrachte Geschiebe zu bewahren. Ohne ihn und ohne die Hilfe des Mesners wäre die Kirche sicherlich für längere Zeit unbenutzbar geworden.“
26.09.2024 - Maria Pichler