Vor 100 Jahren

Bronzemedaille, geprägt 1925 anlässlich der Einweihung der Friedensglocke
Foto: Fondazione Museo Storico Trentino

Die Gefallenenglocke von Rovereto

„Bronze von Kanonenrohren aus allen Ländern, die im Krieg standen“

Die Gefallenenglocke „Maria Dolens“ von Rovereto – auch Friedensglocke genannt – steht heute oberhalb der Stadt in der Nähe des Castel Dante, einer Gedenkstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Gemeinsam mit dem Kriegsmuseum sind das Beinhaus und die Glocke Teil der Erinnerungskultur in Rovereto. Vor 100 Jahren, am 30. Oktober 1924, wurde auf Initiative des Roveretaner Geistlichen Don Antonio Rossaro in Trient die erste Glocke gegossen. Die Tageszeitung „Il Nuovo Trentino“ berichtet in ihrer Ausgabe vom 31. Oktober darüber: 

„Gestern Vormittag, exakt um 10:10 Uhr, verkündete ein Kanonenschuss, dass der Guss der Gefallenenglocke vollendet ist. Gleich darauf begrüßten die Glocken des Doms die Geburt der großen Schwester. Der beständige Traum eines jungen Priesters mit einem eisernen Willen war damit erfüllt.

Die Glocke wird mindestens zehn Tage unter der Erde bleiben, bis das Metall vollständig ausgekühlt ist, dann kann sie langsam ans Licht kommen. Befreit von ihrer ‚Lehmummantelung‘ wird sie einer langen, geduldigen Reinigung und Politur unterzogen, und schließlich wird ihr Ton abgestimmt.
Im kommenden Mai, so heißt es, soll sie in Rovereto in Anwesenheit Seiner Majestät des Königs eingeweiht werden.

 

Für die Gefallenen aus aller Welt


Für den Guss war die Schmelze von insgesamt einhundertzwanzig Doppelzentnern Bronze erforderlich, die auf zwei riesige Öfen verteilt wurde: achtzig Doppelzentner in den einen, vierzig in den anderen. Die Bronze stammt von Kanonen aus allen Ländern, die im Krieg standen, sodass die gestern gegossene Glocke an die Gefallenen aus aller Welt erinnern wird: an die unseren, die Freunde, die Feinde. Sie wird das Gebet des christlichen Totengedenkens erklingen lassen und die triumphalen Töne des Ruhms. […]“

Die Friedensglocke stand bis 1961 auf dem Malpiero-Turm der Burg von Rovereto und wurde 1939 und 1964 neu gegossen, einmal wegen einer schlechten Klangqualität und ein zweites Mal wegen eines irreparablen Sprunges. Für die dritte Glocke ist am heutigen Standort eine eigene Gedenkstätte errichtet worden, die von einer eigenen Stiftung geführt wird. Bis heute erinnert die Gefallenenglocke von Rovereto – die fünftgrößte schwingend läutende Glocke der Welt – jeden Abend mit ihren hundert Schlägen an die Gefallenen der Kriege und den Frieden. "

 

 

07.11.2024 - Maria Pichler

 

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