"Abmarsch der 59er" – herzlicher Bozner Abschied vom Salzburger Regiment
Gleichzeitig: "Deutsches Militär in Nordtirol"
Am 3. November 1918 wurde der Waffenstillstand von Villa Giusti unterschrieben, am selben Tag marschierten italienische Truppen kampflos in Trient ein. Die ungeordnet zurückströmenden Soldaten der sich auflösenden österreichisch-ungarischen Armee waren eine schwere Belastung für die Zivilbevölkerung. Erst das geordnete Auftreten des traditionsreichen Infanterieregiments Nr. 59 konnte in Bozen die öffentliche Sicherheit wiederherstellen.
Die Tageszeitung Der Tiroler vom 9.11.1918 beschrieb den Abmarsch der "59er":
"Nachdem die in Bozen eingezogenen Italiener das Infanterieregiment Nr. 59, welches der Stadt Bozen und deren Bewohnern durch die Abwehr von weiteren Plünderungsausschreitungen durch zügellose Horden vorzügliche Dienste geleistet hat, in dem Sicherheitsdienst abgelöst hatten, verließ das Regiment [am] Donnerstag [7.11.1918], nachmittags um 2 Uhr unsere Stadt, um zu Fuß über den Brenner zu marschieren und nach Salzburg zu gelangen, wo das heimische Regiment laut Meldungen, die von dort gekommen sind, sehnsüchtig erwartet wird. Das Regiment sammelte sich vor dem Standort des Wehrausschusses, Hotel 'Sonne', von wo aus es mit Waffen, Fahne und Musik durch die Stadt marschierte. Die Bevölkerung nahm herzlich Abschied von den braven 59ern durch freundliche Zurufe. In der Laubengasse wurden dem abmarschierenden Regiment Blumen und Zigaretten zugeworfen, um ihnen [sic] auf diese Weise zu danken dafür, daß sie sich für die Sicherung von Eigentum und Leben gerade im kritischsten Augenblick, wo [sic] ungarische Horden drohten, die Stadt in Brand zu stecken, zur Verfügung stellten.“
Das traditionsreiche Infanterieregiments Nr. 59 [davor auch: k.u.k. Infanterieregiment "Erzherzog Rainer" Nr. 59] war die letzte österreichische Einheit, die Südtirol geordnet – das heißt: bewaffnet, mit Fahne und Regimentsmusik – verließ.
Ebenso am 9.11.1918 berichtete Der Tiroler über die Sicherheitslage in Nordtirol:
"Da es unmöglich schien, die an der Bahn und an den Durchzugsstraßen in Nordtirol liegenden Ortschaften vor durchziehenden Marodeuren zu schützen, hat [...] der Tirol. Nat.-Rat um deutsche Militärhilfe zur Herstellung der Sicherheit gebeten. Diesem Ansuchen wurde entsprochen, und es sind denn auch bereits deutsche Abteilungen nach Nordtirol gekommen, um den Sicherheitsdienst zu übernehmen. Bekanntlich bestimmt der Waffenstillstandsvertrag mit Italien, daß deutsches Militär innerhalb 15 Tagen, gerechnet vom Tag des Inkrafttretens des Waffenstillstandes, das Gebiet Österreich-Ungarns zu verlassen hat. Bis zum besagten Termin wird zweifellos auch Deutschland Waffenstillstand haben, so daß Komplikationen aus der hilfsbereiten Uebernahme des Sicherheitsdienstes durch deutsche Truppen in Nordtirol durchaus nicht zu befürchten sind. [...] Es handelt sich also um eine gerade in diesen Tagen notwendige Hilfe für Nordtirol durch unsere deutschen Bundesgenossen."
Symbolbild: Das Infanterieregiment 59 in Trient, 1917 – public domain (mit freundlicher Unterstützung durch den
Traditionsverband des Salzburger Infanterieregimentes No.59 "Erzherzog Rainer")
[9.11.2018 Thomas Sinha]