"Als es uns gut ging"
Erinnerungen an bessere Zeiten
Wie bereits im Vorjahr war auch das Weihnachtsfest 1919 vieler Tiroler von Not und Hunger geprägt. Nicht wenige blickten wehmütig auf vergangene Tage zurück.
Der Leitartikel der Tageszeitung Innsbrucker Nachrichten vom 24. Dezember 1919 tat dies ebenso:
"Wir haben uns die Weihnachten des Jahres 1919 während des Krieges und nach dem Zusammenbruch anders vorgestellt – ganz anders, selbst arge Pessimisten ließen sich zu Hoffnungen verlocken, die zwar nicht rosig waren, aber doch das Bild erträglicher Zustände vorgaukelten.
[…]
Als es uns gut ging, da klagten wir über schlechte Zeiten, weil es Völker und Staaten gab, denen das Schicksal noch besser gesinnt war. Wie ein Märchen erscheint es uns, daß es einmal – und es ist ja gar nicht so lange her – Tage gegeben haben soll, nein wirklich gegeben hat, da für 81 Heller eine Lire, ein französischer und schweizerischer Franken zu kaufen war, da ein Dollar fünf Kronen kostete, ein englisches Pfund Sterling 25 Kronen. Heute zahlen wir für eine Lire, die daheim täglich an Kaufkraft einbüßt, 12 Kronen, und ein englisches Pfund notiert 600 Kronen. Wenn heute in Amerika ein paar ausgewanderte Landsleute, denen es nicht schlecht geht, 100 Dollar für unsere hungernden Kinder zusammenlegen, dann werden daraus in österreichischem Gelde 13.000 Kronen…
Gibt es etwas, das unser Elend deutlicher zeigen kann, als diese paar Ziffern aus der Valutabewegung? […]"
Symbolbild: Adventskranz - public domain
[24.12.2019 Thomas Sinha]