Unerwünschter Cesare Battisti
"Fatti di Segno"
Während des Ersten Weltkriegs kämpften Tiroler italienischer Muttersprache/Trentiner auf beiden Seiten: 60.000 für Österreich-Ungarn, 700-900 in den Reihen des Regio Esercito.[1] Der bekannteste unter letzteren war Cesare Battisti, ein sozialistischer Abgeordneter zum österreichischen Reichsrat, der ab 1915 bei den italienischen Alpini diente, 1916 von österreichischen Truppen gefangengenommen und wegen Hochverrats gehängt wurde. 1917 wurde die Legione Trentina als Vereinigung der im italienischen Heer dienenden Trentiner gegründet.
Die Legione strebte nach dem Krieg danach, ihren politischen Standpunkt in der öffentlichen Wahrnehmung klar zu positionieren.
Die Tageszeitung Allgemeiner Tiroler Anzeiger schrieb am 22. Juli 1920:
"Fatti di Segno
Die Legione Trentina (die Freiwilligen, welche gegen Österreich gekämpft hatten) versandte an alle Schulleitungen des Trentino Bildnisse des Dr. Cesare Battisti. Die Zivilkommissariate vermittelten die Versendung dieser Bilder, welche in den Schulzimmern neben dem Kruzifix und dem Königsbilde aufgehängt werden sollen. Auch die Gemeinde Segno erhielt vom Zivilkommissär in Mezolombardo [Mezzolombardo] ein Bildnis Battistis. Die Bevölkerung von Segno bei Tajo [Taio] am Nonsberg war jedoch gegen die Anbringung des Bildes im Schulzimmer und der Sindaco [Bürgermeister] verständigte hievon den Zivilkommissär mit dem Beifügen, daß er sich auch nicht für ermächtigt halte, die Einrahmung des Bildes zu bestreiten. […]
Der Zivilkommissär ordnete an, daß am Sonntag, 6. Juni, am Tage der Verfassungsfeier, das Bildnis Battistis feierlich angebracht werden müsse. Der Zivilkommissär (Ritter von Trinchera) und der Hauptmannn der Carabinieri hatten ihr persönliches Erscheinen angekündigt. Die Gemeinde erhob neuerdings Protest gegen diesen Auftrag, machte auf die antireligiösen und sozialistischen Agitationen des Dr. Battisti aufmerksam und erklärte auch, daß sie die Propaganda für den Krieg nach seiner Flucht nach Italien nicht billigen könne. Der Sindaco überreichte das Protokoll dem Zivilikommissär, der aber von der Feier nicht abzubringen war. Die Bevölkerung hielt sich von derselben ganz fern. Nur ein Dutzend Kinder war erschienen. In der folgenden Nacht drangen unbekannte Täter durch ein Fenster in das Schulhaus ein, nahmen das Bild Battistis, trugen es auf ein Feld hinaus und schossen es mit einem Revolver in Trümmer. In der zweitnächsten Nacht wurde die vom Schulhause wehende Trikolore ebenfalls von Unbekannten wegenommen. Das Bezirksgericht Mezolombardo hat gegen die bisher unbekannten Täter die Untersuchung nach § 305 St. G. eingeleitet."
[1] Alessio Quercioli, Censimento degli archivi dei volontari irredenti nella Prima Guerra Mondiale 1915-1918, Museo Storico Italiano della Guerra, Rovereto 2010
Collage: Cesare Battisti (links), im Hintergrund das Battisti-Mausoleum bei Trient (Quelle: Paolo Deimichei https://it.m.wikipedia.org/wiki/File:Il_Mausoleo_di_Cesare_Battisti,_a_Trento.jpg)
[22.07.2020 Thomas Sinha]