Vor 100 Jahren

Teatro Sociale
https://www.comune.trento.it/Aree-tematiche/Turismo/Visitare/Altri-siti-di-interesse-turistico/Teatro-Sociale

Kein Theater in der Karwoche

Wie die starke Trentiner Verbundenheit zu Tradition und Religiosität einer Florentiner Wanderbühne einen Strich durch die Rechnung gemacht hat.

Im Jahr 1921 fiel die Karwoche auf Ende März, und im Teatro Sociale in Trient gab ein im ganzen italienischen Königreich bekanntes Florentiner Tourneetheater eine Komödie in mehreren Aufführungen zum Besten. Doch der Zulauf wurde vor allem gegen Ende der Tournee immer schwächer. Der Grund lag auf der Hand – die Tageszeitung „Il Nuovo Trentino“ schrieb dazu am 26. März:

Der Abschied dieser Schauspieler - wahrlich unübertroffen in ihrem Können, wenn auch wie berichtet, eintönig im Repertoire - war wahrlich ein düsterer Anblick. Es fehlte jene Anhänglichkeit des Publikums, die Werken wie jenen von Novelli sonst zu eigen ist. Woran das gelegen haben mag? Weder die laue Jahreszeit, noch ein Überangebot an weiteren Veranstaltungen und Unterhaltungsmöglichkeiten, ja auch nicht die oben beschriebene Monotonie des Stücks war Schuld daran. Sondern diejenigen, die wider besseres Wissen meinten, die Bräuche der Trentiner ignorieren zu können. Jener Trentiner, die, wie wie bekannt, wegen ihres zutiefst christlichen Glaubens am Mittwoch der Karwoche und besonders am Gründonnerstag eben nicht ins Theater gehen.

Mit der Angliederung der südlichen Tiroler Landesteile an das Königreich Italien fand also nicht nur ein Wechsel von einem Staat zum anderen statt. Auch die Bevölkerung musste sich auf eine andere Einstellung zur Religion und vor allem auf ein anderes Verhältnis zur katholischen Kirche einrichten. In unserer Gegend spielte beides eine große Rolle. Im Königreich Italien war dies, zumindest bis zur Festlegung der Lateranverträge, etwas anders gelagert.

[01.04.2021 Astrid Panizza]

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