Militärdienst in den neuen Provinzen
Im Tiroler Volksblatt vom 10. August 1921 wurde die Einführung des Wehrdienstes in den “neuen Provinzen” Südtirol und Trentino diskutiert. Bislang waren die Südtiroler und Trentiner nämlich noch nicht zum Wehrdienst einberufen worden.
Senator Tassoni, ein Armeegeneral, der später der faschistischen Partei beitrat, hatte den Kriegsminister wegen der Verzögerung bei der Einführung der Wehrpflicht für die "neuen Italiener" befragt, die erst vor kurzem Bürgerrechte wie das Wahlrecht erhalten hatten.
So schreibt das Volksblatt:
„In der Senatssitzung vom 4. d.M. hatte Senator Tassoni (welcher später zur faschistischen Partei wechseln sollte, Anm. d. Red. ) dem Kriegsministerium eine Interpellation unterbreitet behufs Bekanntgabe der Gründe, weswegen das italienische Gesetz über die Einberufungen zur Militärdienstleistung in den neuen Provinzen noch nicht zur Durchführung gelangt ist, und was die Regierung in dieser Hinsicht zu tun gedenke.
Der Kriegsminister Abg. Gasparotto antwortete, daβ dieses Gesetz in den neuen Provinzen aus Gründen politischer Zweckmäβigkeit noch nicht zur Durchführung gelangt ist. Die neuen italienischen Staatsbürger konnten noch nicht zur Erfüllung der Militärpflicht herangezogen werden, solange ihnen noch nicht die volle Ausübung der politischen bürgerlichen Rechte zugebilligt wurde. Heute, wo sie bereits ihre Vertreter ins Parlamente entsendet haben, gedenkt die Regierung auch das Rekrutierungsgesetz auf die neuen Provinzen auszudehnen.
Bezüglich der Art und Weise der Durchführung desselben hat die Regierung dem Vorschlag zugestimmt, mit den politischen Vertretern dieser Gebiete (Abgeordnete und Senatoren) in einer Besprechung Bestimmungen zu treffen. Der Kriegsminister gibt seiner festen Überzeugung Ausdruck, daß die neuen italienischen Brüder gerne dem Ruf des Vaterlandes antworten werden. In diesem Glauben bestärkte ihn das Beispiel der Friaulaner Slawen, die 1866 unter Italien kamen und im letzten Kriege dem Vaterland ihren Blutzoll entrichtet haben (Beifall). Der Interpellant erklärt sich mit diesen Ausführungen zufrieden“.
Astrid Panizza
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