Faschistischer Terror in Gröden bereits 1921
Lebensgefährlich verletzt
Am 19. August 1921 berichtete die Zeitung „Der Tiroler“ über die dramatische Geschichte eines Bozner Händlers, der von einer Gruppe italienischer Faschisten kaltblütig angeschossen wurde. Dies zeigt, wie sehr die Faschisten die Minderheiten bereits vor ihrer Machtergreifung als Feindbild ins Visier nahmen. Der junge Mann, Josef Desaler, stammte aus einer Bozner Familie, die seit 1878 ein Geschäft im Waaghaus betrieb, direkt unter den Arkaden, wo sich heute das Euregio befindet.
So wird es berichtet:
„In der Nacht zum 18. August, und zwar um 2 Uhr früh, wurde in St. Ulrich in Gröden der 26 Jahre alte Bozner Kaufmann Josef Desaler, Bruder des Inhabers der Eisen-und Metallwarenhandlung Desaler in der Laubengasse in Bozen, aus kurzer Entfernung von rückwärts angeschossen. Die Kugel, die aus einer Browningpistole abgefeuert worden ist, drang durch den Rücken in die Bauchhöhle und verletzte auch den Darm. Die Verwundung ist lebensgefährlich. Der Verletzte würde allsogleich mittels Auto ins Krankenhaus nach Bozen überführt.
Wir erfahren über den Vorfall folgendes: Herr Josef Desaler befand sich den Sommer über in St. Ulrich, wo er im Geschäfte seines Kusins tätig war. Am Abend des 17. August begab er sich mit drei Kameraden in den Gasthof „Engel', wo sie bis 1 Uhr früh Karten spielten. Als sie sich dann nach Hause begaben, bemerkten sie, wie soeben einige italienische Nationalisten am Hotel „Post“ einen „Tricolore“-Anstrich angebracht und sich dann ins Hotel hineinbegeben hatten. Herr Desaler sah vor dem Hotel einen Topf mit Farbe, und als er denselben mit sich nehmen wollte, sahen dies die im Hotel logierender Italiener, welche die Farben aufgetragen hatten, von einem Fenster aus und einer derselben feuerte mit einer Pistole auf Desaler, der hinterrücks getroffen, allsogleich zusammensank. Es war etwa 2 Uhr früh. Dessen Kameraden brachten den Schwerverletzen sofort zum Gemeindearzt Dr. Fellner. Dieser ordnete, als er die große Bedenklichkeit der Schußverletzung gleich erkannte, die sofortige Ueberführung des Verwundeten mittels Auto ins Krankenhaus nach Bozen an, wo das Auto gegen 6 Uhr früh eintraf.
Dank der raschen fachmännischen Behandlung ist heute eine leichte Besserung im Befinden des Schwerverletzen zu konstatieren. Die Gefahr ist aber immer noch nicht geschwunden. Die Täter wurden der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht“.
Astrid Panizza
panizza.astrid@gmail.com