Vor 100 Jahren

Titelseite von "Il Nuovo Trentino" vom 11. Oktober 1921

"Der große Tag einer neuen Ära"

Fast genau ein Jahr nach der Unterzeichnung des Vertrags von Saint-Germain, mit dem der Anschluss des südlichen Tiroler Landesteils (die heutigen Provinzen Trient und Bozen) an Italien genehmigt wurde, traf der italienische König Viktor Emanuel III. am 11. Oktober 1921 in Trient ein.

Die Tageszeitung "Nuovo Trentino" unter der Leitung von Alcide Degasperi widmete diesem Ereignis die gesamte Titelseite und feierte den Herrscher und die Bevölkerung von Trient in einem rhetorischen Tonfall und mit uneingeschränkter Bewunderung. Ein Volk, das, wie die Zeitung betont, "politisch gebildet und völlig frei" sei.

In dem Artikel heißt es Folgendes:

"Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen den heutigen Feierlichkeiten und denen von früher: Heute werden die Begrüßungen vom Trentiner Volk, vom ganzen Volk, ohne Unterschied der Klassen, von einem politisch gebildeten und völlig freien Volk vorgenommen. [...] Ja, es ist diese Freiheit, die der Trient-Rezeption einen historisch neuen Charakter verleihen wird. Schon am Vorabend hat Trient in diesen freudigen Bemühungen, sich zu verschönern, das Schlagen seines Herzens offenbart, und heute wird Trient inmitten des Jubels und der Akklamationen sein Herz seinem König schenken.
Das ist der wesentliche Unterschied, das ist das Novum in unserer weltlichen Geschichte. Aber, so wagen wir zu sagen, heute und in den nächsten Tagen wird die Sentimentalität eine geringe Rolle spielen; und dies nicht nur wegen des kalten und unbeherrschten Temperaments der Alpenbewohner, sondern weil in den neuen, einer so andersartigen Herrschaft entrissenen Provinzen [...] noch jener monarchische Kult (absit iniuria verbo) fehlt, der in anderen Gegenden Italiens die Phantasie erhellt und das Herz bewegt. [...] Die Bekanntschaft zwischen König und Volk wird heute gemacht. [...] Der König von Italien bedeutet hier [...] die stärkste, logischste und tiefste Verbindung, die man sich vorstellen kann, mit dem spirituellen Faden unserer Tradition und unseres gemeinsamen Lebens. [...] Nach einem Krieg, der Königreiche und Nationen zerstörte und verwüstete, [...] fühlten Menschen und Könige das Bedürfnis, den Pakt ihres Willens und das Band ihrer Zuneigung in der höchsten Idee eines ewigen und allmächtigen Gottes zu verankern".

Astrid Panizza

panizza.astrid@gmail.com

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