Vor 100 Jahren

Soldatenfriedhof
Quelle: Privatarchiv

DER LEICHNAM DES UNBEKANNTEN SOLDATEN KOMMT AM 4. NOVEMBER 1921 IN ROM AN

Mit einem Appell an die italienische Regierung bitten die Südtiroler Gemeinden darum, das Andenken an ihre gefallenen Soldaten durch eine Gedenkstätte wachzuhalten.

Am 4. November 1921, drei Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, beauftragte die italienische Regierung das Kriegsministerium, eine große Demonstration zu organisieren, um den Leichnam des Unbekannten Soldaten nach Rom zu bringen und auf dem Vittoriano, dem späteren Altare della Patria, zu bestatten.
Der Unbekannte Soldat, der ein Jahr später − mit der Machtergreifung Mussolinis − zu einem der Symbole der faschistischen Propaganda werden sollte, wurde mit folgender Begründung mit einer Goldmedaille ausgezeichnet: „Als würdiger Sohn eines tapferen Geschlechts und einer tausendjährigen Zivilisation hat er in den umkämpftesten Schützengräben standgehalten, in den blutigsten Schlachten seinen Mut bewiesen und ist im Kampf gefallen, ohne einen anderen Lohn zu erhalten als den Sieg und die Größe seines Landes.“
Worte patriotischer Rhetorik, die an die Diktion der Zeit vor dem Krieg erinnern, als man darauf aus war, „die Italiener zu machen“ und Trient und Triest zu „erlösen“. Aber sie erinnern auch an die Zeit nach dem Krieg, als Siegesdenkmäler errichtet wurden, als nur diejenigen auf den Gefallenendenkmälern erwähnt wurden, die in italienischen Uniformen gestorben waren und die ihre Zugehörigkeit zum „falschen Vaterland“ betont hatten – an eine Zeit, als das große Leid in den Schützengräben zu „Heldentum und Märtyrertum für das Vaterland“ verklärt wurde.
All dies wirkte auf die Tiroler Bevölkerung, die während des Krieges ebenfalls tausende Landleute verloren hatten, jedoch in einer anderen Uniform, befremdlich.


Die „Bozner Nachrichten“ schrieben dazu:
„Wir möchten in diesem Zusammenhang einmal etwas sagen, was vielen Tirolern bezüglich der Ehrung unserer im Weltkrieg gefallen Tiroler am Herzen liegt. Er ist gewiß kein unbilliger Wunsch, wenn unsere Südtiroler Bevölkerung ihren gefallenen Söhnen die gleiche Verehrung entgegengebracht wissen will, welche den Gefallenen, die im Weltkrieg gegen unsere Leute gestanden sind, entgegengebracht wird. Große und pompöse Feiern wünschen wir nicht, wir begnügen uns mit einem heißen Tränlein und einem stillen Gebet und den Gemeinden liegt es am Herzen, daß die Erinnerung an die Gefallenen durch ein passendes Denkzeichen festgehalten wird. Aber da werden nun leider den Gemeinden in mancher Beziehung Schwierigkeiten in den Weg gelegt und eine Zensur dieser Denkmäler gehandhabt, welche unser Volk als Demütigung für sich und Pietätsverletzung gegenüber den Gefallenen empfindet. Einer Gemeinde wurde zum Beispiel verboten, den Namen der Gefallenen in deutscher Sprache auf den Denkstein zu setzen.“

Astrid Panizza

panizza.astrid@gmail.com

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