… Los von Wien??
Wer ist schuld daran, daß die Tiroler Lehrer noch immer nicht ihre Bezüge haben?
Die Teilung Tirols nach dem Anschluss der südlichen Tiroler Landesteile an das Königreich Italien sorgte für große Verwirrung in der österreichischen Bürokratie, die nach dem Kaiserreich übrig geblieben war. Der unten stehende Artikel aus den Innsbrucker Nachrichten vom 5. Dezember 1921 zeigt eine grenzwertige Situation mit galoppierender Inflation und enormen Verzögerungen bei der Auszahlung der Monatsgehälter an die Lehrer.
Sie lautet:
„Es wird uns geschrieben: Am 14. November wies die Rechnungsabteilung der Landesregierung durch die Wiener Postsparkasse den meisten Tirolern den Vorschuβ auf die Novemberbezüge mittels eines Gesamtscheckes an. Es handelt sich um die Summe von 3.580.251 Kronen. Erst am 28. November langte bei der Landesregierung die Mitteilung des Postsparkassenamtes ein, daβ dieser Scheck in Verlust geraten sein. Die Rechungsabteilung muβ nun in mühsamer Arbeit die Rechnungen und Anweisung noch einmal durchführen und wenn diesmal der Scheck in Wien nicht wieder in Verlust gerät, werden die Tiroler Lehrer den Vorschuβ, den sie in November erhalten hätten, vielleicht zu Weihnachten in Händen haben. Mittlerweile ist aber das Geld wieder bedeutend weniger geworden und die Teuerung ist empfindlich gestiegen. Die Tiroler Lehrer (betroffen sind alle Lehrer der Landbezirke Imst, Landeck, Kufstein, der Stadtbezirke Kufstein und Schwaz) erleiden also durch die grenzenlose Schlamperei der Wiener Postsparkasse einen empfindlichen Schaden. Die Zersetzung und die Anarchie in den Wiener Aemtern schreiten unaufhaltsam fort und die Länder, besonders Tirol, empfinden deutlich die schädlichen Zusammenhänge mit den korrupten Zentralstellen. Land und Volk kommen so durch die Wiener Witzwirtschaft zu Schaden. Eine ganz ähnliche Praxis übt das Postsparkassenamt bei den Ueberweisungen an die Geistlichkeit aus. Bei dem geringsten Formfehler wird die Anweisung zurückgestoβen, die Verständigung über die Bemängelung erfolgt aber erst nach geraumer Zeit. Mittlerweile können die, die auf ihre Bezüge in den Ländern sehnsüchtig warten, hungern. Für Tirol wäre es wahrlich besser, wenn es endlich sein Schicksal von jenem Wiens lösen würde“.
Astrid Panizza
panizza.astrid@gmail.com