Vorarlberger Landesbibliothek, Austria - CC BY. https://www.europeana.eu/item/15512/o_235847 Die drei ladinischen Gemeinden des Souramont (im Bild Buchenstein) sind 1923 an die Provinz Belluno angegliedert worden
Zerrissenes Heimatland
Die ladinischen Gemeinden des Souramont kommen zum Belluno
Zwar nicht in dieser Woche vor 100 Jahren, ist dieses Ereignis aus historischer Sicht für Tirol zu wichtig, als dass es nach einer kurzen redaktionellen Pause unerwähnt bleiben soll: Am 21. Jänner 1923 ordnete die faschistische Regierung die Zwangseingliederung der drei ladinischen Gemeinden des Souramont in die Provinz Belluno (Venetien) an. Cortina d’Ampezzo/Anpezo/Haydn, Livinallongo/Fodom/Buchenstein und Colle Santa Lucia/Col/Verseil waren bis nach dem Ersten Weltkrieg Teil des historischen Tirols gewesen.
Auf seiner Titelseite vom 8. Februar 1923 schreibt der Volksbote unter „Zerrissenes Heimatland“: „…darum greift sie [die gegenwärtige Regierung] nach dem mehr als zweitausendjährigen römischen Rezepte, daß da besagt: Willst du über andere Völkerschaften herrschen, dann mußt du sie zuerst voneinanderteilen, außeinanderreißen.“ Und diese Arbeit soll möglichst gründlich gemacht werden.
Darum verfügt der erwähnte Gesetzeserlass über die Bildung der Provinz Trient in Art. 2, daß das Gebiet der Gerichtssprengel Ampezzo und Buchenstein von Südtirol ganz losgerissen und zu Altitalien, zur Provinz Belluno, geschlagen werde.
Die Ampezzaner und Buchensteiner haben sich seit jeher als Tiroler, als Ladiner gefühlt und sich als solche auch offen bekannt. Sie haben für dieses Bekenntnis auch leiden müssen. Nun sollen sie von dem übrigen Südtirol ganz losgerissen werden, es soll keine gesetzliche Verbindung mit demselben mehr bestehen, sie sollen es für immer vergessen, daß sie einmal Tiroler geweßen.“
09.03.2023 - Maria Pichler