Vor 100 Jahren

Im Faschismus ersetzt der 21. April den „Tag der Arbeit“ vom 1. Mai
Quelle: La Renga vom 28. April 1923

1. Mai: Kundgebung der „krätzigen, flohigen Hunde“

Gehässige Vergleiche, politische Satire und böse Karikaturen im Faschismus

Der „Tag der Arbeit“ am 1. Mai wird in Italien seit dem Jahr 1890 als Arbeitertag begangen. Während des Faschismus ersetzte Benito Mussolini diesen Feiertag durch den 21. April, der als Tag der „Geburt Roms – Fest der Arbeit“ gefeiert und zum offiziellen Festtag der Faschisten erhoben wird. 

In ihrer Ausgabe vom 28. April 1923 greift die zweisprachige pro-faschistische Bozner Zeitung „Il Piccolo Posto“ unter dem Titel „Freudige Dinge zum 1. Mai“ mit gehässigen Vergleichen die sozialistische Partei an, die den „Tag der Arbeit“ nicht mehr in der üblichen Form begehen darf. In dieselbe Kerbe schlägt die Trentiner Satirezeitschrift „La Renga“, die ebenfalls am 28. April 1923 mithilfe von Karikaturen Sozialisten und Liberale angreift (siehe Fotos). 

Der „Piccolo Posto“ schreibt in seiner Antwort auf den Aufruf der „oberetscher sozialistischen Parteiexekutive“, in zwanglosen abendlichen Zusammenkünften am 1. Mai der Bedeutung des Tages zu gedenken:

„Beim Lesen der Kundgebung muss man an jene krätzigen, flohigen Hunde denken, die bald vor Schmerzen heulen, bald sich auf den Boden werfen, um ihren Körper herumzustreifen und dadurch sich Linderung zu schaffen während sie in Wirklichkeit dadurch das Brennen ihres Felles noch erhöhen. 

Spontan kommt die Frage: ‚Wer sind sie?‘ aus gemischter Neugier, versteht sich!

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Parteiexekutive einen Beweis ihrer Kraft geben will, an die sie nicht gewohnt ist; aber statt dessen handelt es sich um das Geheul jener obenbeschriebenen Hunde, die in ihrem Unglück, das sie erfasst hat und zwar wegen ihrer Schmutzigkeit, in diesen Tagen sich gewaltig fürchten, nachdem sie den Braten verloren haben, auch noch den Topf verschwinden zu sehen, in dem vom Braten nur mehr einige abgenagte Knochen verblieben sind. 

Schliesslich macht die Sache Mühe, weil sie augenscheinlich als Kinder unzureichend erzogen, bewacht und gewaschen wurden, weshalb sie als jene starben, zu denen sie die Gesellschaften machten, die sie hielten. 

Es heisst daher aufpassen, dass man ihnen bei der Desinfektion nicht zu nahe kommt und wenn sich einer schon nähert, so soll er dies doch anzeigen. 

Gerade deswegen schlage ich vor, dass die Faschisten des Oberetsch überall bei den Versammlungen erscheinen, die die vielfarbigen oberetscher Sozialisten halten werden und dann z.B. erklären, was der 21. April ist nachdem gesagt wurde, was der 1. Mai war. Falls die Kranken heulen, weil sie nicht gewaschen sein wollen, so seid nicht besorgt, macht, dass sie desinfekziert werden und ihr werdet euch Dank verdienen.“

27.04.2023 - Maria Pichler

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