Vor 100 Jahren

Politisierung der Kunst im Faschismus
Foto: Biblioteca del Castello del Buonconsiglio, Trento

Kunst im Faschismus

Der Maler der Dolomiten, Giuseppe Zuliani

Giuseppe Zuliani (1876-1935) aus Soraga im Fassatal wird bis heute als „Maler der Dolomiten“ bezeichnet. Im Oktober 1923 veröffentlicht Zuliani eine Bilderserie, über die auch die neue faschistische Wochenzeitschrift „La Voce del Sella“ berichtet. Der Artikel zeigt dabei nicht nur klar die Ausrichtung der Zeitschrift auf, sondern auch, wie der Faschismus die Kunstwerke und die Künstler vereinnahmte und welche Bedeutung den Dolomiten vor hundert Jahren beigemessen wurde. Am Freitag, 19. Oktober schreibt „La Voce del Sella“ unter dem Titel „Fassaner Dolomiten“:

„Er präsentiert sie uns in einer überaus gelungenen Trichromie-Serie, die vom Istituto Italiano d’Arti Grafiche in Bergamo herausgegeben wurde: der Fassaner Maler Giuseppe Zuliani; er präsentiert sie uns mit der Liebe und Zärtlichkeit eines Menschen, der im Schatten dieser wunderbaren Giganten geboren und aufgewachsen ist und daher ein gewisses Recht auf väterliche Fürsorge beanspruchen darf, die das Leben im Angesicht großer Dinge verleiht. 

Der Künstler hat es verstanden, seine Berge in ihren reizvollsten Facetten einzufangen, etwa wenn der Winter die Gipfel und Übergänge in einen neuen Zauber kleidet oder die aufgehende Sonne sie wachküsst (und plötzlich ein grelles Licht auf eine märchenhafte Szenerie wirft), oder wenn im Sommer die Sonnenuntergänge die Türme und Mauern der steinernen Stadt in rötliches Licht tauchen und das Auge des Menschen verwundert staunt und die Seele zur Ruhe kommt.   

Ein weiterer bemerkenswerter Vorzug des Bandes von Zuliani ist, dass sowohl das Album als auch die Postkartenserie (die dieselben Dolomitenansichten im Postkartenformat mit derselben Perfektion wiedergeben) die wahren, also die italienischen Bezeichnungen der Berge führen, die Namen, die den Bergbewohnern von Fassa seit jeher auf den Lippen lagen und den italienischen Charakter der Dolomiten besiegeln.

Es wird somit nicht mehr vorkommen, dass italienische Touristen, die zu Ehren und zur Bewunderung in die Fassaner Dolomiten reisen, einen verderbten Namen lesen oder, noch schlimmer, lernen müssen. […]“

19.10.2023 - Maria Pichler

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