Vor 100 Jahren

Ein Jahrhundertprojekt: die Reschenbahn. Bautrupp am Tunnelportal unterhalb Schloss Landeck im Jahr 1918
Quelle: Stadtarchiv Landeck

Die Reschenscheideckbahn

Tiroler Landtag beschäftigt sich mit Fortsetzung der Bauarbeiten

Seit jeher zählt der Reschen zu den am meisten benutzten Alpenübergängen. Erste Überlegungen für eine Bahnverbindung zwischen dem Vinschgau und dem Oberinntal reichen bis in die Pionierzeit des Eisenbahnwesens in der Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Gegen Ende des Ersten Weltkrieges bekommt die Strecke eine strategische Bedeutung, im Jahr 1918 werden große Fortschritte erzielt. Der Bau wird jedoch mit dem Ende des Krieges eingestellt. In diesen Tagen vor 100 Jahren diskutiert der Tiroler Landtag die Weiterführung des Bahnbaus Landeck–Pfunds. Die „Innsbrucker Nachrichten“ berichten am 10. Jänner 1924: 

„Schon seit zwei Jahrzehnten ist von den verschiedenen österreichischen Regierungen der Bevölkerung Westtirols eine Eisenbahnverbindung über den Reschenscheideckpaß nach Mals in Aussicht gestellt worden und seit ebenso langer Zeit bestand in Landeck eine Dienststelle der österreichischen Staatsbahnen, die mit der Durchführung der Trassierungsarbeiten betraut war. Es wurde viel vermessen, viel trassiert, es wurde auch im Jahre 1908 eine politische Begehung abgehalten, aber gebaut wurde nichts. 

Erst im Jahr 1918 hat die ehemalige k. u. k. Militärverwaltung das bestehende Projekt aufgegriffen und den Bau begonnen. Es wurde die Baustrecke von Landeck bis zum Platzbache zwischen den Ortschaften Tösens und Tschup[b]ach im Oberinntale an Bauunternehmungen vergeben und der Bau unter Einstellung großer Arbeitermassen, namentlich Kriegsgefangener und militärischer Arbeiterformationen begonnen. Die in der ganzen Strecke von Landeck bis Tösens überall sichtbaren Dammschüttungen, Einschnitte, gemauerten Objekte, Tunnels, Wächterhäuser usw. geben Zeugnis, daß der Bau intensiv betrieben wurde; es war Hoffnung vorhanden, daß innerhalb der folgenden zwei Jahre die Bahnlinie zumindest bis Pfunds hätte fertiggestellt und betriebsfähig gemacht werden können. 

Der Zusammenbruch [der österreichisch-ungarischen Monarchie, Anm. d. R.] brachte naturgemäß auch die Einstellung des bis dahin von der Militärverwaltung betriebenen Baues. […]

Es konnten zwar bis nun wohl innerhalb des Gemeindegebietes von Landeck und im Gemeindegebiete von Faggen einzelne Streckenteile ausgebaut und dadurch gesichert werden, aber alle anderen Teile der ganzen, langen Baustrecke liegen nach wie vor verödet und verwahrlost da und verkommen und verfallen von Jahr zu Jahr immer mehr. […]

Es sind also recht erhebliche Beträge, die einfach hinausgeworfen wären, wenn der Bahnbau nicht energisch fortgesetzt wird. Es ist der einmütige Wunsch und Wille der ganzen Bevölkerung des Oberinntales, ja des ganzen Oberlandes, daß das Oberinntal endlich einmal aus seiner wirtschaftlichen Abgeschiedenheit erlöst und an den allgemeinen Verkehr angeschlossen werde. Die Antragsteller fordern die Landesregierung auf, von der Bundesregierung die zur Fortsetzung des Bahnbaues Landeck – (Tösens – ) Pfunds erforderlichen Mittel zu verlangen.“

 

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges werden die Arbeiten an der Strecke abermals aufgenommen, aber nach kurzer Zeit mit Kriegsende erneut eingestellt. Seitdem gibt es immer wieder Überlegungen zu einer Bahnverbindung über den Reschen, zuletzt fordert der Südtiroler Landtag im Jahr 2015 die Landesregierung dazu auf, die diesbezüglichen Möglichkeiten auszuloten. Jüngst bringen Vertreterinnen und Vertreter der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino im Herbst 2020 das Projekt sowie mögliche Trassenführungen zur Verbesserung des Schienennetzes zwischen Südtirol, Tirol, Graubünden und der Lombardei erneut zur Diskussion.

Indes verbindet seit Dezember 2023 ein grenzüberschreitender Direktbus mehrmals täglich Mals und Landeck. 

 

 

11.01.2024 - Maria Pichler

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