Vor 100 Jahren

Die Neujahrsentschuldigungskarte der Stadt Meran für 1925
Foto: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Bibliothek

Die Neujahrsentschuldigungskarte

Befreiung von einer moralischen Pflicht gegen eine wohltätige Spende

Neujahrsentschuldigungs- oder -enthebungskarten hatten sich in der Monarchie und in Bayern seit 1814 verbreitet. Der Kauf einer solchen Karte befreite von der lästigen Pflicht, allen Verwandten, Bekannten, Freunden, Kollegen und Vorgesetzten die Neujahrswünsche persönlich zu überbringen. Die Entschuldigungskarten wurden in der Regel von Städten und Gemeinden gedruckt und verkauft, der Erlös und die Spendengelder gingen an den Armenfonds. Wer sich von der persönlichen Gratulationspflicht freigekauft hatte, das konnte man publikumswirksam in der regionalen Presse nachlesen. Die Tageszeitungen kündigten ferner bereits ab Anfang Dezember die neuen Glückwunschentschuldigungskarten an, wie die Bozner Nachrichten am 6. Dezember 1924: 

„Die Neujahrsglückwunsch-Enthebungskarte der Stadt Meran zeigt heuer ein prächtiges Aquarell von Prof. Lenhart in einer ganz vorzüglichen Wiedergabe in Sechsfarbendruck. Das Bild stellt das Meraner Rathaus mit der Laubengasse und dem Pfarrturm im Hintergrunde dar. Das Ganze ist sehr weich und duftig und mit großer Sorgfalt auf jede Einzelheit Bedacht nehmend, gemalt. Das Reproduktionsrecht wurde von der Firma G. Pötzelberger erworben und das Bild dem Stadtmagistrat zur Anfertigung einer Neujahrskarte empfohlen. Das Original wurde von Präfekturkommissär Doktor Markart angekauft.“

Mehrere Städte in Tirol haben seit den 1980er Jahren die Tradition der Neujahrsentschuldigungskarten wieder aufgenommen, so etwa Sterzing, Innsbruck und Hall. Mit den Erlösen werden dabei nach wie vor verschiedene soziale Projekte und Organisationen unterstützt. Die Haller Neujahrsentschuldigungskarte 2025 steht übrigens unter dem Ehrenschutz der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino und ist im Sinne der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Hall und Arco vom Bildhauer Renato Ischia gestaltet worden. 

05.12.2024 - Maria Pichler

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