Wer kann sich ein Automobil leisten?
"Was kostet heute ein Auto?"
Die erste Tiroler kraftfahrrechtliche Bestimmung geht auf das Jahr 1903 zurück, trotzdem blieben Automobile bis in die späten 1950er Jahre eine Seltenheit, die sich nur Wohlhabende leisten konnten.
Die Innsbrucker Tageszeitung Allgemeiner Tiroler Anzeiger berichtete am 8. Februar 1921:
"Was kostet heute ein Auto? […] Ein Wagen der Durchschnittstype einer unseren heimischen Firmen stellt sich heute auf sieben- bis achtmalhunderttausend Kronen. […] Zum Auto selbst gehört aber bekanntlich Benzin, und diese Benzinrechnungen bedingen schon eine sehr dick gefüllte Brieftasche des jeweiligen Besitzers. Der normale, offizielle Preis für ein Kilogramm Benzin – etwas mehr als ein Liter – beträgt 58 Kronen ohne die Zufuhrkosten. Da aber das zugewiesene, offizielle Benzinquantum schwerlich zur Aufrechterhaltung des Autobetriebes ausreicht, ist der Besitzer auf den Bezug des Schleichhandelsbenzins angewiesen, das auf siebzig bis achtzig Kronen per Liter zu stehen kommt. Für eine Hundert-Kilometer-Fahrt rechnet man aber zwölf bis fünfzehn Liter Benzin, das ist bei Zugrundelegung des letztgenannten Preises allein für den Benzinverbrauch einer Strecke von einhundert Kilometern eine Ausgabe von 1200 Kronen! Dazu kommen noch die Pneumatikergänzungen. Eine komplette Garnitur ist nicht unter 30.000 Kronen zu bekommen, zwei Garnituren sind aber schon das Minimum, mit dem ein etwas stärkerer Fahrer zu rechnen hat. […] Ergänzt werden diese Ausgaben noch durch die Kosten eines Chauffeurs, für den man einen Wochenlohn von zirka 1500 Kronen einstellen kann. Rechnet man noch dazu alle übrigen Kleinigkeiten, die aber bei der Brieftasche ins Große gehen, so kann man, alles in allem, für die Erhaltung eines Autos bei den heutigen Verhältnissen einen Jahresbetrag von rund 800.000 Kronen einstellen, einen Betrag, der das Automobil fast nur mehr zu einen Luxusfahrzeug macht."
Allein wenn man die vorgerechneten jährlichen Unterhaltungskosten mit dem Durchschnittlohn eines Arbeiters – in diesem Fall eines Chauffeurs – vergleicht, wird klar, dass im Jahre 1921 nur ein winziger Bruchteil der Bevölkerung über die nötigen Ressourcen verfügte, um sich einen PKW leisten zu können.
Symbolbild - Quelle: Tekniska museet, Stockholm – public domain
[08.02.2021 Thomas Sinha]